Samstag, 19. Oktober 2013

krank

Bis Mitternacht hat es fürchterlich geregnet - das hätte ich im Zelt sicher nicht überlebt, ich wäre garantiert weggeschwommen.
Ich habe immer gedacht, saunieren wäre gesund. Aber die Temperatur- und Feuchtigkeitswechsel, die ich hier erlebe bringen mir nur eine ausgewachsene Erkältung ein. Die versuche ich jetzt mit Kamillentee und Honig zu bekämpfen. Mich hat's richtig erwischt mit Fieber, Kopfweh und Schwäche. Und trotz Luxuszimmer habe ich kaum geschlafen. Keiner ist da um mich zu bedauern. In Selbstmittleid versunken sattle ich die Lisl, um einfach nur zu fahren. Ich bin nicht wirklich aufnahmefähig - so rollen wir also dahin, von Stadt zu Städtchen. Überall scheint Markt zu sein. Nichts interessiert oder fesselt mich so richtig. Aber vielleicht gibt es auch gar nichts zu sehen? Oder ich bin einfach schon voll mit Eindrücken.

Es ist nicht übermäßig warm, so kann ich den Regenkombi und die warmen Socken anlassen - vielleicht hilft das auch gegen Erkältung? Immerhin bewegen wir uns den ganzen Tag über 2000 m Höhe, manchmal steigen wir sogar auf 2500 m. Wirklich bemerken tun wir das aber nicht. Ab und zu gibt es riesige Kakteenfelder - das sieht schon lustig aus. Zwischendrin weiden immer mal wieder Viebeiner, heute hauptsächlich Esel und ein paar Pferde. Esel werden wohl noch erstaunlich viel für die Fortbewegung benutzt. Die andere Transportart kenne ich schon aus Afrika, ist aber in Europa auch selten gesehen: Pickups, vollgeladen mit Menschen, die auf der Ladefläche sitzen oder stehen.

Durango ist eine häßliche Gegend, dreckig und stinkend - nach allen möglichen Abgasen und Unrat. Da ist es gut, daß eine Autobahn außen herum führt. Irgendwann ist wieder eine Gebühr fällig. Aber da stehen hunderte von Menschen und Fahrzeugen herum, sie protestieren wohl gegen Autobahngebühren. Auf jeden Fall winken sie alle Fahrzeuge durch und die armen Kassierer sitzen machtlos in ihren Häuschen. Hab nix dagegen.

Plötzlich erwacht mein Navi wieder aus dem Koma!!! Der Bildschirm spricht mit mir und auf manche Knöpfe reagiert es schon. Es versteht mich noch nicht ganz, aber ich bin guter Hoffnung! Die Touratech-Leute haben es schon abgeschrieben und mir geraten, ein neues zu kaufen. Hier unterwegs? Ne, nicht mit mir! Dafür zeigt der IMO (Bordcomputer) jetzt Spätfolgen der Wasserschlacht - die Zeit ist stehengeblieben und folglich stimmen auch die "Tageskilometer" nicht mehr.

Ich bin sehr müde und suche schon bald ein Plätzchen. Von der Hauptstraße weg, nach wenigen hundert Metern geht ein Feldweg an einer Mauer entlang - auf der anderen Seite ein Feldrand mit einem ebenen sandigen oder begrasten Fleckchen - ideal für mich. Nah an der Straße aber etwas abseits und versteckt. Im Osten wird der Himmel grau und der Donner grollt schon wieder. Also schnell schnell. Hoffentlich wird's nicht so schlimm!

Heut kommt doch tatsächlich ein Auto zu mir. 2 Jungs wollen wissen (einer ist Texaner und spricht englisch), was ich hier treibe - Leute hätten Angst, ich würde ihre Bohnen klauen. Ich versichere ihnen, daß ich alles hätte und nur hier übernachten wolle, das ist dann in Ordnung. Ach ja, ob ich trinken würde? Nein, nur Wasser. Ok, dann ist ja alles gut.

http://www.gpsies.com/map.do?fileId=jfqzcodyveeybhnw

Freitag, 18. Oktober 2013

Glück muß man haben!

Morgens ist es noch ganz schön frisch, daher lasse ich mir Zeit. Irgendwann kommt die Sonne durch die Wolken und trocknet das Zelt in Windeseile - jetzt kann's losgehen - ohne Heizweste;-)
Weiterhin begleitet uns entlang der guten Straße eine grüne Weidelandschaft. Einige große Pfützen zeugen allerdings von der doch etwas ungewöhnlichen Nässe. Die Straße läßt 100 km/h leicht zu - das gefällt der Lisl. Gleichmäßig schnurrt sie bei ca. 4000 Umdrehungen vor sich hin. So sind wir bald in Durango.
Hier möchte ich unbedingt eine Post finden, denn ich muß meiner Tochter eine Geburtstagskarte schicken. Das wird sicher ein paar Tage dauern. Da ja das Navi nicht mehr funktioniert muß ich mich durchfragen - bis zur Stadtmitte finde ich. Und die 20ste-November-Straße, an der die Post sein soll, finde ich auch. Das ist sozusagen die Hauptstraße hier. Dann werde ich hierhin und dorthin verwiesen. Sechs Blocks nach Osten soll sie sein. Dort angekommen, weiß keiner was, außer, daß sie in der anderen Richtung sein muss. Ja, ganz am anderen Ende der Straße, praktisch dort, von wo ich gekommen bin. Dort schickt man mich zurück ans andere Ende...und so geht das, bis ich die Straße bestimmt 6 mal hin- und hergefahren bin. Per Zufall finde ich auf der Karte in meinem Handy ein Briefumschlag-Symbol. Ja, das ist die Post!!! Jetzt weiß ich auch, nach welchem Symbol ich Ausschau halten muss. Die Karte wird 12-15 Tage brauchen, egal auf welche Weise sie geschickt wird. Schade, da ist der Geburtstag schon lange um.

Und was zeigt mir die schlaue App als nächstes? Einen Burger King - natürlich mit Internet! Nix wie hin. Diese App leiste ich mir für 4 € - damit kann ich wenigstens sehen, wo ich bin. Wenn sie mich auch nicht lotsen kann. Vielleicht hilft sie auch beim Suchen von Adressen oder wichtigen Einrichtungen?
Ich verbringe eine ganze Zeit in dem Schnellimbiß, Blog schreiben, Bilder hochladen, Hotel-Adressen von den nächsten Ländern suchen. Die braucht man bei der Einreise, weil man an der Grenze immer eine Adresse angeben muss. Ich muss ja nicht tatsächlich dorthin. Als ich fast fertig bin, spricht mich ein junger Vater an, ob das Motorrad dort draußen meins wäre? Die üblichen Bewunderungen und smalltalk wie in Nordamerika, nur eben auf spanisch und daher um Welten schwieriger und kürzer. Na ja, ich erfahre trotzdem, daß er eine 1200er GS BJ 2006 fährt und einen Freund in Peru hat, der demnächst mit dem Moped nach Ushuaia fährt. Er lädt mich ein, heute bei ihm zu wohnen. Aber 14 Uhr ist mir zu früh, ich möchte noch ein wenig fahren. Ein Stückchen Richtung Fresnillo. Ich soll auf keinen Fall zwischen hier und Fresnillo zelten, rät er mir. Dort wäre die Mafia sehr aktiv und es wäre sehr gefährlich. Fresnillo ist sicherer, Zacateca ist auf jeden Fall wieder sicher, sagt er. Ich bedanke mich für den Hinweis; da muß ich mich jetzt beeilen, denn das sind noch mindestens 220 km. Gegen 18 Uhr sollte ich dann dort sein - würde grade noch passen.

Kaum aus Durango draußen bedaure ich meine Entscheidung schon fast, denn vor mir wird es dunkel. Dicke Wolken hängen über den Bergen. Bei den ersten Tropfen krame ich den Regenkombi von ganz unten raus, bringe das nicht mehr dichte Navi in Sicherheit und schließe alle Schotten. Ich bleibe einigermaßen verschont, ab und zu regnet es, hauptsächlich ist aber die Straße ordentlich naß, was hinter einem LKW gar nicht angenehm ist. Erst ca. 40 km vor Fresnillo wird es rabenschwarz und fängt an zu schütten. Hilft nix - ab in die Dunkelkammer. Ich erinnere mich an unsere diesjährige Hochwasserkatastrophe - nur war ich ja da nicht mit dem Moped unterwegs.

Eigentlich habe ich mich schon seit einiger Zeit entschlossen, heute ein Zimmer zu nehmen, denn erstens ist die Gegend hier ziemlich besiedelt, also kaum Zeltmöglichkeiten und zweitens...das Wetter. Ja, ich bin ein Weichei.

Mann Leute, das ist der Wahnsinn!! Am Ortseingang von Fresnillo steht auf der gegenüberliegenden Seite ein großes Schild "Motel Oasis". Sieht gepflegt und teuer aus - schau mer mol. Ein Schild zeigt die Gebühren: 300 Pesos (18 €; im Vergleich: ein kanadischer Zeltplatz ohne alles außer Plumpsklo kostet mindestens 10 €!), das hatte ich mir als Limit gesetzt - paßt ja genau. Am Eingang gibt es nur eine Fernsprecheinrichtung die mich begrüßt. Ich verstehe nicht alles aber zum Glück taucht ein paar Meter weiter ein Zimmermädchen auf, das mir Zimmer 10 zuweist. Du fährst zwischen benummerten Garagentoren durch bis zur Nr.10. Das Tor steht offen. Die Lisl rollt in die gefließte Garage (mit elekrtisch schließendem Tor), am Ende ist eine offene Tür, die direkt in's Zimmer - was sag ich, in die Suite führt!!! Die Lisl darf also mit auf's Zimmer, sozusagen. Und ich hatte schon ein schlechtes Gewissen, daß ich sie heute wieder mal im Regen stehen lasse getreu dem Motto "Mopeds müssen draußen bleiben". Nach kurzer Zeit kommt die Empfangsdame, ich kann mit Karte zahlen, sie haben WiFi. Ein Restaurant gibt es hier leider nicht, aber das macht mir nix. Als sie mich verläßt gießt es aus Kübeln und das Wasser strömt in die Garage - kriegt die Lisl halt etwas nasse Füße. Aber ansonsten bleiben wir trocken!
Waschbecken, funktionierendes WC und Dusche sind je in einem eigenen gefließten Raum mit Beleuchtung, die per Bewegungssensor heller wird! Die Dusche liefert richtig viel Wasser, nach kurzer Zeit wird es sogar warm, ne heiß. Sie haben außer Seife sogar Shampoo im Angebot. Und alles ohne Kakerlaken! Luxus pur! Ich mag gar nicht mehr aus der heißen Dusche raus, aber als ich mich endlich losgerissen habe, erschüttern kräftige Donnerschläge das ganze Gebäude, so daß ich Angst bekomme, es könnte einstürzen. Blitz, Donner und Sturzregen toben sich jetzt so richtig aus, Internet fällt aus, es schüttet, prasselt und poltert - was haben wir doch für ein Glück!!!

Donnerstag, 17. Oktober 2013

Ein ganz normaler Tag


Kein Regen heute Nacht! Nur Kondenswasser im Zelt, das bis zum abbauen leider nicht verdunstet. Die Sonne scheint zwischen leichten Wölkchen hindurch, es ist früher Morgen, hat 18 Grad und eine superklare Luft! Ideale Voraussetzungen für einen Ausritt mit der Lisl!
Auf felsigem Untergrund erstrecken sich große gelbgründe mit Bäumen durchsetzte Weiden, ab und zu gibt es ein Maisfeld. Kerzengerade Straßen lassen uns träumen, die Umgebung wird zunehmend grüner und gelbe Blumen strahlen über große Flächen.

Ist das eine herrliche Aussicht - über die Bergketten! Die ersten Berge leuchten in hellem kräftigem Grün, die nächste Reihe liegt dunkelgrün dahinter. Dann ändern sich die Farben mit der Entfernung von einem dunklen Türkis über Dunkelblau bis schließlich die letzte Bergkette hellblau mit dem Himmel verschmilzt. Momente des Glücks! Die aber hinter der nächsten Kurve schon vorbei sind, weil die Aussicht in der Schlucht verschwindet. Dafür können wir wunderbare Kurven auf ordentlichem Asphalt genießen!

Meine Gedanken streifen die Frage, ob ich immer so reisen könnte und wollte, wenn ich frei wäre von irgendwelchen Zwängen. Eine Antwort darauf gibt es vorerst nicht.

Ein ständiger Kontrollposten an der Grenze zum Bezirk Durango gehört der Forstbehörde - wieder etwas Neues.
Die Straße ist anscheinend noch im größeren Bau begriffen, auf jeden Fall gibt es ewig lange Umleitungen, d.h. man weicht auf die parallel verlaufende staubige Piste aus. Um den Staub erträglich zu halten fahren Tankwagen mit Wasserwerfen darüber und sprengen. Alles und jeder wird naß! Als ich in die Nähe so eines Wasserwerfers komme, sehe ich, daß die Bedienung manuell ist, das heißt, oben auf dem Tank sitz ein Mann und schwenkt großzügig einen dicken Wasserschlauch. Er hat ein Einsehen mit mir und spart mich beim Wässern aus - danke!

Apropos Wasser:
Zum Einen versuche ich heute, mein Handy dazu zu überreden, wenigstens Teile der Aufgaben des Navi zu übernehmen - es soll mindestens für Euch aufzeichnen, wo ich mich so rumtreibe.
Zum Anderen möchte ich den Garmin wieder trocken bekommen. Keine Ahnung, wie und wo das Wasser reingekommen ist, aber ich muß ihm wohl einen Weg heraus zeigen - von alleine findet es den nicht. Also bohre ich schweren Herzens mit dem Taschenmesser ein Loch in's Display. Jetzt heißt es abwarten und (Kamillen)tee trinken.
Liebe Kollegen: vergeßt die Funktionsentwicklung - alles Käse! Seht zu, daß die Räder rumgehen und der Scheibenwischer funktioniert.

Rechtzeitig vor Durango finde ich einen Feldweg, der von der Fast-Autobahn abzweigt. Er führt 20 m parallel zur Straße hinter einemn Wall aus Blumen entlang und bietet mir ein schön begrastes Plätzchen. Ich muß wohl aufpassen, daß die Riesengrashüpfer hier keine "Zelthüpfer" werden...und natürlich gibt es hier Moskitos! In der Ferne leuchtet ein kleiner See vor der Bergkulisse.

Und was soll ich sagen, ich bin schon wieder unter die Zeitreisenden gegangen - eine weitere Stunde ist verloren gegangen. Ich weiß ja gar nicht mehr, welche Zeit wir tatsächlich haben.

http://www.gpsies.com/map.do?fileId=fxnnxidggvvtpqos

Mittwoch, 16. Oktober 2013

Wasserschäden


Meine Klamotten sind am Morgen noch lange nicht trocken, sie sind kalt und klamm. Draußen hängen die Wolken genauso bedrohlich über mir wie gestern, aber immerhin ist es von oben trocken. Die Lisl muß sich trotzdem durch Schlaglochseen kämpfen.
Gestern war ich noch stark und stolz darauf, daß mich nichts klein kriegen kann, heute habe ich die Quittung: Heiserkeit und starkes Kratzen im Hals, leichte Kopfschmerzen und der Zahn zwickt auch wieder.
Das Navi hat über Nacht seinen Dienst vollständig eingestellt, ich kann es heute nicht mehr zum Leben erwecken. Die Lisl hat das Abenteuer wohl noch am Besten überstanden, sie schnurrt heute wieder zuverlässig vor sich hin. Mit der Zündspule werde ich mich aber sicher später nochmal befassen müssen.

Bei knapp 13 Grad habe ich die volle Montur angezogen, warme Socken und sogar die Lenkerstulpen montiert. Die Straße ist gut und mausert sich sogar zu Autobahn. Gegen Mittag sichte ich zum ersten mal ein blaues Löchlein in der Wolkendecke. Die Benebelung hat sich anscheinend auch in meinem Kopf breit gemacht - ich vergesse zu tanken. Irgendwann auf freier Strecke erinnert mich die Lisl daran, indem sie zu stottern anfängt. Mit meinen knapp 50 km Reserve wird es hier aber sehr knapp. Und mein Navi kann mir auch nicht mehr sagen, wo die nächste Tanke ist! Hinter der nächsten Bergkuppe sichte ich Gott sei Dank eine größere Ortschaft. Es ist zwar noch nicht Hidalgo, wie ich der Meinung war, aber tanken kann ich trotzdem. Dummerweise nehmen sie keine Kreditkarten. Und jetzt bin ich völlig daneben - ich lese 4400 Pesos! So viel habe ich nicht bar - über die Straße gibt es einen Geldautomaten, der allerdings nur noch 2000 ausspuckt. Mexikaner sind ehrlich - als ich dem Tankwart mehrere tausend Pesos in die Hand drücke, korrigiert er mich und nimmt nur die 440. Kurz darauf will ich in einem Restaurant meine Rechnung begleichen, da passiert mir das selbe Malheur - 30 statt 13 Pesos. Was ist nur mit mir los?

Ich finde heute schon vor 5 Uhr ein Plätzchen und bin darüber gar nicht traurig. Erstens bin ich doch noch ziemlich müde und zweitens muß ich ja noch einige Wasserschäden beheben. Anscheinend hat sich der Regen durch alle Labyrinthe geschlichen und ist in alle ach so dichten Ortliebsäcke eingedrungen. Die Klamotten haben die Feuchtigkeit dankbar aufgesogen, also ist großes Trocknen und Lüften angesagt. Das Zelt hatte ich ja ohnehin naß eingepackt, beim Auspacken läuft die Soße nur so weg. Die Sonne ist noch kräftig (mittlerweile hat es wieder 28 Grad) und etwas später kommt ein warmes Windchen auf - ich kann gar nicht so schnell gucken, wie das Zelt abtrocknet. Beim weiteren Auspacken (heute gibt es mal wieder Campingessen) fällt mir der Kocher in Einzelteilen entgegen - also wieder etwas Schraubarbeit.
Wir sind hier auf einer weiten Ebene hinter Hidalgo del Parral. Ich habe eine Erdstraße abzweigen sehen, und davon ging nochmal ein Feldweg ab. Zwischen den Bäumen kann ich mich ein wenig verstecken und bin dabei ganz nah an der Hauptstraße. Ist doch leichter als in den Bergen, hier etwas zu finden. Es ist eine klare Vollmondnacht, im Norden hängen dicke Wolken die mit kräftigen Blitzen um sich werfen. Hoffentlich besuchen die mich heute Nacht nicht.

http://www.gpsies.com/map.do?fileId=tngolksccvphtlsx

Dienstag, 15. Oktober 2013

Trist

Über Nacht hat es sich eingeregnet. Ich mache mir am Morgen noch nicht einmal die Mühe, das Zelt abzutrocknen. Es nieselt weiterhin und rings um uns sind Wolken, also krame ich den Regenkombi von ganz unten heraus. Ich fürchte, darin gekocht zu werden, aber die Temperaturen fallen rasch auf 15 und dann auf 12 Grad. Da bin ich froh, daß ich was Warmes anhabe.

Die schöne Straße! Das tolle Fahrerlebnis - zerstört vom Regen! Hinter jeder Kurve müssen wir mit frischen Steinschlägen oder Erdrutschen rechnen, die Straßenarbeiter sind schon fleißig am Schaufeln. Fotos? Ne, heute kann ich keine machen. Vor lauter Wolken ist ja nichts zu sehen! Schade, denn die Landschaft auf den Hochebenen scheint schön zu sein. Weiden und Bäume. Schroffe Berge. Das Wetter legt sich auf's Gemüt und so zockeln wir dahin - trist. Triste Gedanken.

Es wird schlimmer, der Regen nimmt zu, heftiger Dauerregen hat sich eingestellt. Bisher habe ich mich in meinem Superanzug immer gewappnet gefühlt, aber auf einmal fühlt sich alles naß und klamm an. Scheint ja doch nicht dicht zu sein, das Teil. Die Brille ist außen klatschnaß, innen beschlagen, die Armaturen kann ich kaum erkennen. In mir zieht sich alles zurück, konzentriert sich auf die Mitte, um sie warm zu halten. Die Zehen sind eingerollt, die Hände krampfen sich um die Griffheizung. Ich sehne mich nur nach einem trockenen warmen Raum!
Der taucht kurz darauf in Form eines kleinen Restaurants auf. Immerhin kann ich einen Hamburger bekommen und meine Jacke kurz mal ausziehen. Von warm kann keine Rede sein, aber immerhin trocken. Der Regen sei normal, behauptet die junge Köchin, aber das glaube ich nicht. Mehrere Zentimeter tiefe Schlammbäche haben sich jetzt gebildet.

Bis Chihuahua werden noch 350 km angezeigt! Und davor kommt nichts! Die paar Häuser sind lediglich Bauerndörfer oder Camps. Keine Infrastruktur, kein Laden, kein Hotel, kein Campingplatz - nichts. Eigentlich wollte ich eine Kategorie-2-Straße nach Hidalgo nehmen und dabei nochmal an der Kupferschlucht vorbeifahren. Aber angesichts der Wassermassen und der jetzt auch auf dieser Straße zunehmnden Schlaglöcher, werde ich meinen Plan wohl umschmeißen und die längere "bessere" Strecke nehmen. Auf der Karte ist die Strecke stark idealisiert, d.h. man sieht den groben Verlauf. In Wirklichkeit muß man sich jeden Meter 3 mal so lang vorstellen, denn gerade Streckenstücke gibt es praktisch nicht.

Seit einiger Zeit ist eine Ortschaft angeschrieben - La Junta. Muß ja dann wohl was Größeres sein und ein Hotel haben, vermute ich. Dort angekommen finde ich Schlammstraßen und Wohnhäuser, von "Stadtzentrum" keine Spur. Durch mehrmaliges Fragen werde ich tatsächlich zum einzigen Hotel am Ort gelotst - 300 Pesos. Das ist mein oberes Limit, allerdings habe ich dafür etwas mehr erwartet. Immerhin hat es ein Bett und eine Toilette. Warm ist es nicht, also mal sehen, wie klamm die Klamotten morgen noch sind.

Die Lisl muß leider draußen im Regen stehen - immerhin darf sie in den abgeschlossenen Hinterhof. Sie ist wirklich tapfer, auch sie leidet schwer unter den Wassermassen. Sie spuckt und hustet ziemlich viel, im Stand geht sie sogar ganz aus. Aber in den entscheidenden Momenten ist sie da und zieht mich um die Ecke oder den Berg hinauf. Brave Lisl!!! Mein erster Verdacht, sie hätte vielleicht Wasser geschluckt erhärtet sich beim Blick in die Vergaser leider nicht. Das wäre das einfachere Problem gewesen. Der nächste Verdacht gilt der Zündspule, aber ich habe keine Lust, jetzt dort mit schrauben anzufangen. Wenn es morgen wieder trocken ist, geht's vielleicht wieder? Wenn nicht, muß ich mir auf jeden Fall ein trockenes Plätzchen zum Schrauben suchen.

Beim abendlichen Tagesrevies und Blogschreiben taucht der nächste Wasserschaden auf - abgesehen von Lexika und Foto im doppelt abgedichteten Tankrucksack. Mein gutes Navi, das ich für absolut wassericht gehalten habe, reagiert nicht mehr. Im Display stehen Wassertropfen und zu den Bedienknöpfen trielt das Wasser heraus. Wenn sich das nicht mehr erholt bin ich echt aufgeschmissen! Drückt mir die Daumen oder schickt einen Fön...

http://www.gpsies.com/map.do?fileId=vlechzyqtlixpxfh

Montag, 14. Oktober 2013

Ab in die Berge

Am Morgen dauert es lange, bis ich mich zum Hotel hinaustraue und alle Sachen wieder ihren Stammplatz gefunden haben. Es ist schon nach 10, als wir wegkommen. Zum Eingewöhnen schwingen wir uns erstmal auf die Autobahn Richtung Norden. Die kostet hier Maut - ca. 1 Peso pro km; sie ist noch im Bau und an vielen Stellen nur einspurig. Hordenweise kommen mir hier Motorradfahrer entgegen, einzeln oder in Gruppen. Wo die wohl alle hinwollen???
Kontrollen gibt es hier wie Sand am Meer. Ihr könnt Euch gar nicht vorstellen, wer alles kontrollieren darf! Von Militär und Polizei mal abgesehen, habe ich Agrar- und Steuerfahnder gesehen. Allerdings wurde ich immer durchgewunken; schließlich bin ich ja jetzt auch "legal" hier! Ob man mir das ansieht???

Obwohl die Sitze im Chepe sehr gemütlich waren, tut es gut, wieder in der Lisl zu sitzen; wir passen einfach zusammen. Es hat ca. 30 Grad, ist bedeckt und einfach nur schwül. Eine Menge Insekten schwirren in der Luft herum, ein ziemlich großes töte ich wohl mit meinem Gesicht. Im Todeskampf sticht es noch wild um sich, woran ich noch sehr lange zehre. Ab und zu spüre ich auch einen Wassertropfen. Am frühen Nachmittag haben diese sich unmerklich zu einem feinen Schnürlregen gemausert. Eigentlich stört mich das nicht sehr, ist ja warm; wenn die Tropfen nur im Gesicht nicht so hart aufschlagen würden!

Hinter Obregon möchte ich eine Nebenstraße Richtung Chihuahua nehmen. Auf der Karte hat sie eine mittlere Kategorie aber mein Navi kennt sie anscheinend überhaupt nicht. Dennoch, es gibt sie! Und sie ist asphaltiert. Vorsicht ist geboten, denn völlig ohne Vorwarnung tauchen unausweichliche Schlaglöcher auf - teilweise sind sie so groß, daß sie uns komplett verschlingen könnten! Aber sonst ist es ein hübsches Sträßchen, das sich kurvenreich durch die Berge schlängelt. Die Kurven vervielfältigen sich durch die Schlaglochumfahrungen noch um Einiges. Die Berge bilden ein bizarres Panaorama, das die seltsam halbrund gebogenen Bäume wunderbar ergänzen. Auch die Geier auf den Kakteen passen super in dieses Bild - aber auf mich warten sie vergeblich!
Zum Glück ist wenig Verkehr, Motorradfahrer treffe ich nur einmal, als eine Gruppe halbwild aussehender Harleyfahrer Mittagspause macht. Wir wechseln uns mit Pausen und Vorbeifahrten ab. Als wir auf die Mx-16, also die Hauptsraße kommen, stecken sie mitten in einer Militärkontrolle. Ich halte an und warte, bis ich dran bin. Ob ich die Gruppe kennen würde? Lieber nicht...ich muß nur eine Tanktasche öffnen und darf dann weiterfahren.

Ist das eine herrliche Straße! Super gut asphaltiert (fast) ohne Überraschungen und eine Kurve nach der anderen! Wenn das so weitergeht, dann wird das morgen ein toller Tag! Wir dürfen nur nicht hinter einem LKW hängen, da sind wir verloren.
Es ist später Nachmittag und ich halte schon eine ganze Zeit lang vergeblich Ausschau nach einem Zeltplatz. In den steilen Bergen hier ist nichts zu finden. Es gibt auch keine Park- oder Ausweichplätze. Ich muß mich vermutlich an den Gedanken gewöhnen, in Hotels/Motels zu übernachten, wie es mir auch schon von erfahrenen Reisenden gesagt wurde. Aber da, hinter dieser Kurve steht ein großes Haus am Hang, davor ein riesiger teilweise grasbewachsener Platz! Vor dem Haus sitzen Menschen, die frag ich einfach mal, ob ich hier zelten darf. Natürlich! Klasse, ich freu mich. My tent is my home!
Ich bin auf 1500 m, es ist bewölkt und nieselt gelegentlich, es hat super angenehme 23 Grad und ich habe einen schönen Blick über die Berge. Einziger Nachteil: an der Steigung direkt neben mir bremsen die LKW mit Motorbremse und das knattert wahnsinnig! So einen Krach dürften die bei uns nicht machen - jetzt verstehe ich auch, warum es an Ortschaften so häufig das Verbot für Motorbremsen gibt!

http://www.gpsies.com/map.do?fileId=cafomwumxqqadzug

Sonntag, 13. Oktober 2013

Kupferschlucht II



Ich reise nur mit sehr kleinem Gepäck, d.h. ein Rucksäckchen, in dem Wertsachen und Elektronik sowie eine Zahnbürste drin sind. Das muss reichen. Am Vormittag nutze ich im Hotel noch das Internet, um den nächsten Reiseabschnitt zu planen. Ich habe am 15.November die Karibik-Kreuzfahrt gebucht, außerdem habe ich ja in Mexiko ein Zeitlimit von 30 Tagen. Trotzdem möchte ich auf der Straße nochmal nach Norden, um von dort aus Richtung Kupferschlucht zu fahren )ein Umweg von 700 km) - auf dem Schiff haben mir 3 einheimische Mopedfahrer gesagt, das wäre eine sehr schöne Straße. Sehenswürdigkeiten habe ich ansonsten hier keine eingeplant.

Ich streune nochmal kurz durch Creel, decke mich mit Verpflegung für den Tag ein und nutze einen Copyshop, um von Pass und Fahrzeugschein Kopien auf Vorrat zu drucken. Die werde ich an den kommenden Grenzen brauchen.

Die Rückfahrt mit dem Zug ist nicht mehr ganz so spannend, weil ich die Landschaft ja schon bestaunt habe. Interessant sind die Menschen, insbesondere die Kinder, die versuchen, den Zuggästen ihre Waren zu verkaufen. Die kleinen Jungs haben ja so herrlich rabenschwarze Stoppelhaare über dem verschmierten Gesicht - und die Mädels stellen ihre prächtig bunten Kleidchen zur Schau. Ein etwa 5-jähriger Knirps rennt mit einer riesigen Schubkarre den Bahndamm entlang - hunderte von Metern. Dann ist er ordentlich erschöpft - aber jetzt muß er einen steilen Berg hinauf. Ich sehe nur noch, wie ihn die Karre rückwärts rollend umwirft - armer tapferer Kerl.
Es sind auch Rucksacktouristen an Bord; ich vermute sogar Europäer. Aber seltsam - hier springt kein Funke über; wir kommen nicht in Kontakt - der zweirädrige Untersatz fehlt wohl.

An der Kupferschlucht gibt es wieder - wie gestern - einen Halt zum Aussteigen, Umschauen, Einkaufen... Ein Früchtecocktail hat es mir schon gestern angetan - heute gönne ich ihn mir. Ananas und Melone mit einer gut aussehenden roten Soße - aber igitt - das ist Chili! Der gute Cocktail - pfui. Mir schmeckt das nicht. Schade.

Das "kleine Gepäck" hat Konsequenzen, die Akus von Foto und Navi halten anscheinend keine 48 Stunden durch, so daß ich gegen Ende nicht mehr fotografieren kann. Hoffentlich ist die Nacht im Hotel heute lang genug, um alle Geräte wieder aufzuladen. Mein strahlend weißes Beverly Hills T-Shirt ist dieselrußgetränkt. Und der Rucksack ist überfordert - er geht an allen Nähten aus dem Leim.

Ich hab zwar den Eindruck, als ob der Zug bergab etwas schneller wäre, aber die Reisedauer ist dennoch die selbe. Ganz ungefährlich scheint die Strecke ja nicht zu sein - unser Zugführer bremst auch immer brav ab. In einigen Schluchten liegen allerdings Relikte aus vergangenen Unglücken - verrostete Zugwaggons, die oft schon vom Urwald eingewachsen sind. Auch ein Kreuz mit Namen zeugt von einem schweren Unglück.

Jetzt habe ich 4 Tage "anderes" Reisen erlebt: Behördengänge, Schiffsfahrt und 2 Tage Eisenbahn - dazwischen Hotelpübernachtungen. Ich habe festgestellt, für mich ist das keine Art zu Reisen. Ich verstehe jetzt, warum die Rucksacktouristen so viele Bücher verschlingen - die haben ja nichts zu tun! Ich freu mich schon wieder auf meine Lisl und die gemeinsame Fahrt!


http://www.gpsies.com/map.do?fileId=zfanmdboivwigxmi